Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts machten auf die „exotischen“Wechselwirkungen von Atomen im Bose-Einstein-Kondensat aufmerksam, an denen 3, 4 oder mehr Atome beteiligt sind. Früher glaubte man, dass nicht mehr als zwei Atome gleichzeitig "kollidieren" könnten.

Jedes Materieteilchen kann die Eigenschaften einer Welle aufweisen. Solche Wellen werden "Materiewellen" oder de Broglie-Wellen genannt. Wie Laserstrahlung können auch Materiewellen bei extrem niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt kohärent sein und sich an bestimmten Punkten im Raum summieren, wo die Wahrscheinlichkeit, Atome zu entdecken, maximal wird. Dieser Aggregatzustand wird Bose-Einstein-Kondensat genannt.
Eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von Professor Immanuel Bloch vom Institut für Quantenoptik. Max Planck gelang es, „hinter die Kulissen“interatomarer Wechselwirkungen zu blicken und die komplexe Struktur ihrer Quantendynamik aufzudecken. Durch die Anordnung des Bose-Kondensats mittels eines optischen Gitters konnten die Forscher über einen langen Zeitraum eine Vielzahl von „Bursts“und „Dips“beobachten. Die Ergebnisse des Experiments zeigen, dass Atome nicht nur paarweise (wie bisher angenommen) interagieren, sondern auch in Mengen von 3, 4 oder mehr Teilchen gleichzeitig. Diese Untersuchungen sind einerseits von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Physik von Vielteilchen-Quantensystemen. Andererseits können sie den Weg für die Schaffung neuer exotischer Materiezustände ebnen, die auf der Wechselwirkung vieler Körper beruhen.
Das Experiment begann mit dem Abkühlen einer verdünnten Gaswolke auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt. Unter diesen Bedingungen bilden die Atome ein Bose-Einstein-Kondensat, in dem sich alle Atome im gleichen Quantenzustand befinden. Als nächstes wird dem Bose-Kondensat ein optisches Gitter überlagert, dessen „Zellen“je nach Intensität der Laserstrahlung gleichzeitig ein, zwei oder mehr Atome (oder keine) besetzen können.
Die Nutzung dieser "Überlagerung von Zuständen der Atomzahl" ist der Kernpunkt des neuen, von Wissenschaftlern vorgeschlagenen Messprinzips. Die Dynamik der Zustände der Atomanzahl lässt sich mit dem Schwingen eines Pendels vergleichen: So wie sich Pendel mit unterschiedlichen Armlängen in unterschiedlichen Schwingungsfrequenzen unterscheiden, so hat jeder Zustand mit unterschiedlicher Atomanzahl seine eigene Frequenz. Diese Frequenzen ändern sich während der Wechselwirkung zwischen Atomen. Wenn nur paarweise Wechselwirkungen stattfinden würden, würden die "Pendel", die der gleichen Anzahl von Atomen entsprechen, synchron "schwingen", und ihre Frequenzen wären Vielfache der Frequenzen für die beiden wechselwirkenden Atome.
Mit einem ausgeklügelten Versuchsaufbau konnten Physiker die Entwicklung überlagerter Schwingungen zu verschiedenen Zeitpunkten verfolgen. Periodisch wurde das Interferenzmuster sichtbar und verschwand wieder, und so immer wieder. Anhand ihrer Intensität und Periodizität konnten die Physiker eindeutig schlussfolgern, dass die Schwingungsfrequenzen in der Praxis keine Vielfachen von denen bei der Wechselwirkung von nur zwei Atomen sind. Daher findet in diesem Fall ein komplexerer Mechanismus statt.
Aufgrund der extrem niedrigen Temperatur neigen die Atome in jeder "Zelle" des optischen Gitters dazu, einen Quantenzustand einzunehmen, der durch ein minimales Energieniveau gekennzeichnet ist. Das Heisenbergsche Unschärfeprinzip erlaubt es Atomen jedoch, während ihrer Kollision durch höhere Energieniveaus zu "springen". In der Praxis führt dieser Mechanismus zur Kollision von drei, vier oder mehr Atomen gleichzeitig.
Die Ergebnisse dieser Arbeit können zu einem tieferen Verständnis der Wechselwirkung mikroskopischer Teilchen führen, was nicht nur aus Sicht der Grundlagenforschung interessant ist, sondern auch auf die direkte Untersuchung ultrak alter Atome angewendet werden kann in einem optischen Gitter: Die außergewöhnliche experimentelle Kontrollierbarkeit ermöglicht es Ihnen, "Quantensimulatoren" für die Modellierung kondensierter Materie zu erstellen. Solche Quantensimulatoren werden zu einem tieferen Verständnis der Physik der Phänomene Supraleitung und Quantenmagnetismus beitragen. Darüber hinaus ist jede "Zelle" des optischen Gitters ein Miniaturlabor zur Erzeugung exotischer Quantenzustände. Versuchsaufbauten mit optischen Gittern sind möglicherweise das empfindlichste Werkzeug zur Untersuchung interatomarer Wechselwirkungen.
Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik