Palladium kann große Mengen an Wasserstoff aufnehmen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dieser Prozess einen sehr ungewöhnlichen Effekt auf die Eigenschaften des Metalls hat – er macht es nämlich quasi flüssig.

Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Tokio hat die Ergebnisse eines merkwürdigen Experiments mit Palladium veröffentlicht, einem seltenen silbrigen Metall, das für seine Fähigkeit bekannt ist, Wasserstoff zu absorbieren. Im Sättigungszustand kann das Verhältnis der Anzahl von Wasserstoff- und Palladiumatomen pro Volumeneinheit 0,6 erreichen (dieser Wert variiert in Abhängigkeit von Druck, Temperatur und anderen Bedingungen). Dank dessen wird Palladium zur Akkumulation und Reinigung von Wasserstoff verwendet.
Es ist anzunehmen, dass die Bewegung von Wasserstoffatomen in das Kristallgitter von Palladium und zurück die Eigenschaften des Materials geringfügig beeinflusst. Aber diese Annahme wäre falsch. Materialwissenschaftler wissen seit langem, dass sich Palladium ausdehnt, wenn es Wasserstoff aufnimmt, und sich zusammenzieht, wenn es desorbiert. Wie sich herausstellte, wirkt sich dieser Prozess auch auf seine mechanischen Eigenschaften aus.
Ein Forscherteam unter der Leitung von Akio Kawasaki fixierte ein Stück Palladium von der Größe eines Kaugummistreifens in einer horizontalen Position. Die Forscher platzierten ein 124-Gramm-Gewicht auf dem freien Ende der Platte und füllten die auf 150 °C erhitzte Kammer mit Wasserstoff. Zu ihrer Überraschung begann sich das Palladium sofort unter dem Gewicht der Last zu verformen und bog sich weiter, bis der Wasserstoff aus der Kammer gepumpt und desorbiert war. Aber eine vertikal aufgehängte Platte mit einem 385-Gramm-Gewicht an der Unterseite dehnt sich unter den gleichen Bedingungen praktisch nicht aus.
Offensichtlich entzieht Wasserstoff dem Palladium irgendwie seine Stärke. Kawasaki und seine Kollegen erklären dieses Ergebnis folgendermaßen: Das Kristallgitter von reinem Palladium hat eine kubische Struktur, aber wenn Wasserstoffatome darin eingeführt werden, wird diese Struktur verletzt. Materialwissenschaftler wissen, dass in diesem Fall andere Strukturen, die sogenannten Alpha- und Beta-Phasen, sowie deren Kombinationen entstehen können. Laut Kawasaki sind die Atome in diesem Fall nicht im Kristallgitter "fixiert" und können sich nicht völlig zufällig bewegen. Dadurch sieht Palladium ein bisschen wie eine Flüssigkeit aus. Physiker nennen diese Art von Material „quasi-flüssig“.
Palladium kann also in einen quasi-flüssigen Zustand überführt und bei Bedarf wieder in einen festen Zustand überführt werden. Vielleicht ist dieser Effekt für Materialwissenschaftler interessant, aber Wissenschaftler machen keine Annahmen über seine praktische Anwendung. Sie wollen herausfinden, was genau mit dem Metall passiert, wenn es quasi flüssig wird, indem sie die auftretenden Veränderungen mit Röntgenbeugung und NMR untersuchen.